Poetry Slam


    10 Minuten

    Alles dreht sich um sich selbst. Die Gedanken fahren Achterbahn mit mir. Das Telefon klingelt oder ist das mein Kopf? Das Wasser kocht. Die Katze rollt einen Blechnapf durch die Küche. Der Wecker schreit. Meine Anlage wummert laut. Die Kinder der Nachbarn toben. Der Bildschirm fängt vor meinen Augen an zu flimmern.
    Zu viel auf einmal. Viel zu viel und alles dreht sich um sich selbst. Ich mitten drin.

    Ich muss eine Entscheidung treffen. In zehn Minuten. In Zehn Minuten kann ich mein Leben verändern. Es auf den Kopf stellen. Etwas ganz anderes machen. Etwas neues aufregendes Wahnsinniges. Alles was ich mir aufgebaut habe zurücklassen. Mitnehmen nur in Gedanken in meinem Herz.
    Sie wird nicht mehr die Gleiche sein, wenn ich zurückkehre.
    Werde ich jemals zurückkehren? Ich werde nicht mehr der Gleiche sein. Es ist ein Kriegsgebiet. Vielleicht komme ich in Stücken zusammengestellt in einem Sarg. Wer kann dann noch sagen ob ich das bin und wer ich war? Was ich tat.
    Ich werde Bilder mitbringen. Wichtig sein. Das tun was ich gelernt habe. Menschen treffen und verstehen was es heißt zu überleben. Zu sein. Werde fühlen was nicht in der Zeitung steht. Meine Abenteuerlust, mein Fernweh stillen, Herausforderungen suchen, finden und meistern oder zerbrechen. Ich werde gehen. In 6 Minuten werde ich zurückrufen. Das wird mein Leben verändern. Habe ich es nicht immer gewollt?

    Das Wasser kocht über. Die Katze schubst den Napf die Treppe runter. Die CD fängt an zu springen. Der Wecker fällt herunter und zerstört sich selbst. Das Telefon klingelt noch immer. Die Kinder der Nachbarn machen Klingelmännchen. Ein Ball fliegt gegen die Scheibe. Mein Computer multipliziert seine Fenster. Mir rutscht die Kaffeetasse aus der Hand ich sehe sie zerschellen auf den Fliesen.

    Ich muss eine Entscheidung treffen. Hop oder Top. Dies ist der Moment der alles entscheidet. Die Geschichte schreibt nicht über die, die zögern. Nicht der hat den Mond betreten, der zu Hause geblieben ist. Noch 4 Minuten und der Held ist ein anderer. Ich sollte direkt gehen. Das macht es einfacher. Aus dem Wagen noch einmal anrufen. Schon auf dem Weg. Schon weg.

    Sie wird es nicht verstehen.
    Sie wird es nicht verstehen.

    Ich sehe, wie sie in die Einfahrt einbiegt. Ihr sonniges Lächeln. Sie streicht sich eine Strähne aus dem Gesicht. Nimmt ihre Sachen und steigt aus dem Wagen. Ihr Blick voller Freude auf mich.
    Noch 2 Minuten.

    Das Telefon verstummt. Der Kopf hört auf zu drehen. Das Wasser ist verkocht. Die Katze stapft durch die Kaffeelache auf dem Boden. Die Kinder holen ihren Ball aus unserem Garten. Mein Computer erstarrt.

    Die Tür geht auf. Sie kommt herein. Bleibt staunend stehen. Schaut sich um, dann zu mir.
    "Was ist denn los?"
    Noch 1 Minute. Eine Minute, die nicht mein Leben verändern wird, denn es ist schon gut, wie es ist. Ich möchte nicht mehr telefonieren sondern einfach nur einen Kaffee trinken. Mit ihr. Sie strahlt mich an. Ich bücke mich nach den Scherben.