Schülerin

Auszug aus die Schülerin

Aber dann war da noch ein anderes Gefühl, ein seltsames Nagen und Erschüttern, ein glitzernder Gedanke, der sich wie ein dünner Seidenfaden plötzlich durch jeden Atemzug sponn, sich allmählich zu einer Idee verdichtete. Vielleicht ein, zwei Stunden, die ich so lag, mag sein, dass ich auch die eine oder andere Minute geschlafen habe, eher gedöst als geschlafen, aber doch geruht. Dann wusste ich, dass die Stille nicht meinen Schlaf füttern sollte, sondern meine Konzentration und ich stand auf, stand auf und ging zum Computer, ohne mir etwas überzuziehen, ohne etwas zu trinken zu holen, ohne überhaupt irgend etwas anderes zu tun, als an die Geschichte zu denken, die ich aufschreiben wollte. Diese Geschichte von dem Mädchen, das zum Unterricht kommt, das mit ihrem Lehrer im Schatten der Sommertage und im Sturm des Herbstes lernt, bis es die wesentlichen Dinge so gut begriffen hat, das es den Lehrer unterrichten kann. Den Lehrer, der nicht länger mehr Lehrer ist, sondern Staunender, Schüler, Wissbegieriger, Lernender, der aber an der einen Lektion scheitert, dass der Schutz für eine Schülerin, die keine Schülerin mehr ist und die keinen Schutz mehr möchte, nichts ist, als die eigene Unfähigkeit das Gegenüber als gleichwertig zu Respektieren.

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Verena Liebers